Die Scheidungsrate hat in den letzten Jahren stark zugenommen und sich bei ca. 50% eingependelt. Patchwork-Familien gehören heute zum Alltag, doch das Gesetz geht beim Thema Erben meist noch vom «klassischen» Familienmodell aus.
Gesetzliche Ausgangslage
Sind beim Ableben eines Ehepartners gemeinsame Kinder vorhanden, erbt der überlebende Ehepartner von Gesetzes wegen die Hälfte der Erbschaft. Die andere Hälfte fällt zu gleichen Teilen an die Kinder. Geschiedene Ehepartner fallen als gesetzliche Erben ausser Betracht, im Unterschied zu getrennt lebenden, welche weiterhin erbberechtigt sind. Auch für unverheiratete Lebenspartner kennt das Gesetz kein Erbrecht. Mittels Testament und Erbvertrag kann auf die gesetzliche Nachlassregelung Einfluss genommen werden.
Stiefkinder haben keinen gesetzlichen Erbanspruch
Gehen wir von der Situation eines zum zweiten Mal verheirateten Paares aus. Beide Ehepartner haben Kinder aus erster Ehe. Nehmen wir nun an, dass bei einem Unfall die Ehefrau wenige Minuten vor ihrem Ehemann verstirbt. In diesem Fall geht die Hälfte ihres Erbes plus das gesamte Erbe des Ehemanns direkt an seine leiblichen Kinder. Die leiblichen Kinder der Ehefrau hingegen erben durch die ungünstige Versterbens-Reihenfolge massiv weniger als ihre Halbgeschwister.
Vorzeitige Planung entschärft Stiefkind-Problematik
Häufig wollen sich Ehepartner gegenseitig begünstigen, gleichzeitig aber sicherstellen, dass nach dem Tod des Zweitversterbenden das eigene Vermögen zurück an die leiblichen Kinder fliesst. Hier bietet sich die Vor- und Nacherbeneinsetzung an, wobei sich die Ehepartner gegenseitig als Vorerben einsetzen und die leiblichen Kinder zu Nacherben ernennen. Dabei kann der Erblasser anordnen, ob er dem überlebenden Ehegatten als Vorerben lediglich das Recht einräumt, das Vermögen zu nutzen oder ob es dieser auch verbrauchen darf. Die Vor- und Nacherbschaft ist auch steuerlich oft die sinnvollste Variante. Dabei richtet sich die Steuerbemessung in der Regel nach dem Verwandtschaftsverhältnis vom Vor- und Nacherben (je) zum Erblasser, wodurch die steuerliche „Stiefkind-Problematik“ elegant entschärft wird. Die optimale Lösung ist immer abhängig von den konkreten Wünschen und Zielsetzungen, deshalb ist eine individuelle Betrachtung unerlässlich.
Haben Sie Fragen zum Thema Erbrecht? Ihr Kundenberaterteam von Rahn+Bodmer Co. unterstützt Sie gerne.
Weitere Beiträge von Nicole Nussbaumer