Viele Anleger haben in den letzten Monaten die eine oder andere Schreckensminute an den Aktienmärkten erlebt. Das Börsenjahr 2018 war insgesamt enttäuschend. Der Handelskrieg, das Hin und Her zum Brexit und Zeichen abkühlender Konjunktur setzten den Märkten zu. Wie soll man sich als Anleger in dieser Achterbahn auf den Kapitalmärkten verhalten?
Die Hoffnung auf ein Ende der Handelsstreitigkeiten und die Aussicht auf einen Stopp der Zinsstraffung verleihen den Börsen seit Ende Jahr Rückenwind. Doch finden Investoren weiterhin einige gute Gründe für Skepsis. Nicht wenige Firmen vermelden rückläufige Bestelleingänge, und die Finanzanalysten korrigieren ihre Unternehmensgewinnschätzungen laufend nach unten. Gibt es in diesem Szenario Regeln, die ein Anleger beachten sollte? Ein Interview mit Peter Rahn, Partner bei Rahn+Bodmer Co. und seit 35 Jahren in der Bank tätig.
Herr Rahn, Sie blicken auf einige Jahrzehnte Erfahrung als Anlageberater zurück. Viele Anleger sind verunsichert und ziehen sich aus Aktien zurück. Was raten Sie Ihren Kundinnen und Kunden?
Grundsätzlich bieten solche Kurskorrekturen immer wieder wertvolle Chancen. Wir sagen oft etwas überspitzt: Die Aktien kommen so wieder in bessere Hände. Denn heute setzen viele Investoren auf Indexfonds, sogenannte ETFs. Werden solche Positionen in unsicheren Zeiten abgestossen, kommen auch qualitativ hochwertige Titel unter Druck. Dies gibt uns die Möglichkeit, bei solchen Unternehmen zu günstigeren Kursen einzusteigen.
An welche Aktien denken Sie, wenn Sie von qualitativ hochwertigen Unternehmen sprechen?
Firmen, die stabile Gewinne erzielen und gesunde Cashflows generieren bringen gerade in solchen Marktphasen Ruhe ins Depot. Dazu gehören traditionell gewisse Titel aus defensiven Sektoren wie dem Konsumgüter- oder Gesundheitsbereich. Zyklische Aktien — beispielsweise aus der Automobilbranche — sind dagegen derzeit ein heisses Eisen. Diese Unternehmen kauft man, wenn die Gewinnschätzungen ein Tief erreicht haben und die Kurs-Gewinn-Verhältnisse entsprechend hoch sind. Bis wir da sind, dürfte es noch einige Zeit dauern.
Auch Versorger und Versicherungen zählt man gerne zu den defensiven Aktien.
Das stimmt, doch überall, wo der Staat mit Mehrheitsanteilen oder Regulierungen stark präsent ist, gibt es zusätzliche Unwägbarkeiten für private Anteilseigner. Versicherungen zahlen in der Tat attraktive Dividenden, hier muss der Anleger jedoch genau hinschauen, um die Bilanzrisiken einschätzen zu können. Dies ist mitunter nicht ganz einfach.
Wenn die Mehrheit der Investoren auf defensive Titel setzt, ist es dennoch sinnvoll, auf diesen Zug aufzuspringen?
Wie so oft, eine gesunde Mischung macht’s. Wir setzen in unseren Mandaten darum immer auch auf Unternehmen mit Phantasie, mit strukturellen Wachstumselementen. Dazu gehören für mich übrigens auch die SMI-Schwergewichte Roche, Swiss Re oder ABB. Des Weiteren haben sich viele Investoren aus einstigen Lieblingsthemen wie Robotik, Sensorik, autonomes Fahren oder eCommerce verabschiedet. Da gibt es teilweise wieder interessant bewertete Titel.
Und die Nebenwerte? Die Aktien vieler kleiner und mittlerer Schweizer Firmen haben 2018 überdurchschnittlich verloren. Als Bank ist Rahn+Bodmer Co. insbesondere auch auf Investitionen in solche Unternehmen spezialisiert.
Diese Aktien sind natürlich alles andere als homogen, auch wenn der Anteil an klassischen Industriefirmen darunter gerade in der Schweiz recht hoch ist. Nur aufgrund einer geringen Marktkapitalisierung sollte man einen Titel nie erwerben, wegen der oft höheren Kursvolatilität dagegen umso genauer auf Qualitätsmerkmale schauen. Aktien von Unternehmen, die einen hohen Marktanteil in einer Nische besitzen, würde ich auch im unsicheren Börsenumfeld kaufen. Dazu gehört zum Beispiel Barry Callebaut.
Auch Gold ist wieder in aller Munde. Doch das gelbe Metall bewegt sich seit drei Jahren im Wesentlichen seitwärts, eine Dividende wirft es auch nicht ab.
Für Gold spricht der Umstand, dass die Neuförderung immer schwieriger wird. Sinkende Erzgrade in den Minen weltweit treiben die Kosten in die Höhe. Solange die Nachfrage nach Edelmetallen vor allem in den Schwellenländern steigt, gibt das dem Goldpreis eine solide Unterstützung. Wenngleich kurzfristig Übertreibungen nach oben und nach unten immer möglich sind, sehen wir Gold so doch langfristig und primär als gute Diversifikation und Absicherung im Portfoliokontext.
Bei Fragen zu diesem Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
notablog@rahnbodmer.ch
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