Professor Jean-Marc Fritschy, Stellvertretender Dekan und Prodekan Forschung und Planung, Universität Zürich
In eigener Sache

Der Gral der Parkinsonforschung

Rahn+Bodmer Co. unter­stützt den Forschungs­platz Zürich und fördert Forschungs­ar­beiten an der Univer­sität Zürich unter anderem im Bereich der Parkinson’schen Krankheit. Im Gespräch erläutert Professor Jean-Marc Fritschy, Stell­ver­tre­tender Dekan und Prodekan Forschung und Planung, Univer­sität Zürich, welche Forschungs­schwer­punkte in der Parkin­son­for­schung in der Klinik für Neuro­logie verfolgt werden.

Herr Professor Fritschy: Was ist Parkinson?

Die Ursache von Parkinson ist die Degene­ration von bestimmten Zellen im Hirn, die den Boten­stoff Dopamin produ­zieren. Ohne Dopamin ist die Regulierung der Bewegungen gestört. Deshalb sind Parkinson-Patien­tinnen und Patienten stark beein­trächtigt. Die Haupt­sym­ptome sind eine Verlang­samung der Bewegungen, starrer Gesichts­aus­druck, Schwie­rig­keiten eine Bewegung zu initi­ieren und zittern. Darüber hinaus haben viele Mühe, ihr Gleich­ge­wicht zu halten. Was die Degene­ration der Zellen auslöst, ist leider völlig unbekannt.

Welche Therapien gibt es heute?

Dopamin kann man durch die Substi­tu­ti­ons­sub­stanz L‑Dopa ersetzen. Diese Behandlung gibt es schon seit fast 50 Jahren. L‑Dopa stoppt aber die Degene­ration der Dopami­ner­gen­zellen nicht. Das Medikament ist sehr effektiv und eine grosse Hilfe für die Patienten. Aber über die Zeit nimmt die Wirksamkeit ab und das Medikament verur­sacht zuneh­mende Neben­wir­kungen. Nicht zuletzt wird es sehr schwierig, bei jedem Patienten die richtige Einstellung zu finden.

Gibt es eine Alternative?

Man versteht relativ gut, weshalb das Fehlen von Dopamin Bewegungs­stö­rungen auslöst. Das hat dazu geführt, dass man seit rund zehn Jahren sogenannte tiefe Hirnsti­mu­la­tionen durch­führen kann, die zur Linderung dieser Störungen beitragen. Dabei setzt man ganz feine Elektroden im Hirn, in den Regionen, die stimu­liert werden sollen. Diese Operation wird beim Patienten im Wachzu­stand durch­ge­führt, so kann der Neurologe zusammen mit dem Patienten sofort kontrol­lieren, ob die Elektrode am richtigen Ort platziert ist. Sobald ein Strom­impuls an die Elektrode gesendet wird, nimmt zum Beispiel das Zittern sofort ab. Es ist also ganz wichtig, dass der Patient während der Operation wach ist. Dies ist nur möglich, weil man im Hirn keinen Schmerz verspürt. Die tiefe Hirnsi­mu­lation ist sehr wirksam, jedoch bei weitem nicht für alle Parkinson-Patienten geeignet.

Wo setzt die Parkinson-Forschung an?

Man versucht seit Jahrzehnten heraus­zu­finden, was die Degene­ration auslöst. Es gibt ganz wenige Patienten, die eine Gen-Mutation haben, die zu Parkinson führt. Das ist ein wichtiger Ansatz für die Forschung. Wir versuchen zu verstehen, was diese Mutation verur­sacht, so dass die Zellen degene­rieren. Parkinson soll also erklärbar werden bei denje­nigen Personen, die diese Mutation tragen. Aber es würde noch nicht erklären, weshalb andere Menschen Parkinson bekommen, die diese Mutation nicht tragen.

Welches sind die Ziele der Parkinson-Forschung?

Die Vision ist, Biomarker zu finden, die voraus­sagen, dass eine Person die Krankheit in sich trägt, aber noch keine Symptome zeigt. Der nächste Schritt wäre dann, ein Mittel zu finden, das die Degene­ration der Zellen gar nie beginnen lässt, oder dass die Degene­ration gestoppt werden kann. Aber wie gesagt, das ist Zukunfts­musik, sozusagen der heilige Gral der Parkin­son­for­schung. Wir wissen nicht, ob wir diese Ziele in zehn oder zweihundert Jahren erreichen werden.


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