Investieren in Kunst ist, spätestens nach dem für ein Gemälde von da Vinci erzielten Rekordpreis von 450 Mio. Dollar bei Christie’s, in aller Munde. Zeitungen wie zum Beispiel das Wall Street Journal erkoren Kunst, Oldtimer oder Schmuck zu den lukrativsten Anlagen des vergangenen Jahres. Kunstfonds wie Masterworks.io preisen Kunstindizes an, die sich im letzten Jahr mit 10.6 % positiv entwickelten, während der S&P 500 2018 mit ‑5.1 % schloss. Doch ist die Investition in Kunst tatsächlich so vielversprechend, wie von vielen Seiten behauptet wird?
Man stelle sich Caravaggio in den dunklen Räumen seines Kellers mit nur einem Licht, das von oben rechts in sein Atelier einfällt, bei der Arbeit vor: Wie er die Prostituierten und Bettler vor seinen Leinwänden zu Göttinnen und Helden erhob. Sie durch seine Gemälde unsterblich machte und die Kunst seiner Zeit revolutionierte. Oder man denke an Picasso, der in lichtdurchfluteten Studios in Paris seine Musen kubistisch auf unzählige Leinwände pinselte. Diese Vorstellungen einer künstlerischen Leistung lassen sich nur schwer mit der Vorstellung der Herstellung eines Investment-Objekts verbinden.
Leidenschaft kommt vor Geldverdienen
Nach Umfragen, die für den jährlich herausgegebenen UBS & Art Basel Art Market Report durchgeführt wurden, gibt nur rund ein Drittel der befragten Sammler an, Kunst mit der Absicht eines finanziellen Gewinns zu kaufen. Die meisten sammeln aus Leidenschaft, zu Dekorationszwecken oder wollen generell Künstler und die Kultur unterstützen oder kaufen ganz einfach aus Prestigegründen. Diese Gruppen von Käufern behalten die erstandenen Werke letzten Endes und erweitern ihre Sammlung hin zur persönlichen Perfektion.
Performance-Vergleiche zwischen Kunst und Aktien sind schwierig
Der Kunstmarkt ist komplex; sich in dessen Labyrinth zu bewegen erfordert Expertise. Die häufig genannten und vielversprechenden Performances und Rekordpreise beziehen sich hauptsächlich auf das High-End Segment des Marktes. Dazu zählen Werke, die Preise von über 10 Mio. USD erzielen und von Künstlern stammen, die als Blue-Chip Künstler bezeichnet werden. Der viel grössere Anteil an verkaufter Kunst wird dabei nicht unbedingt mit in die Berechnungen einbezogen. Im unteren (Preis-)Segment ist das Angebot viel grösser als die Nachfrage. Das macht den Vergleich der Preisentwicklungen von Kunst mit derjenigen von Aktien schwierig. Die Outperformance für die Werke der 100 erfolgreichsten Künstler (wie zum Beispiel Picasso, Warhol oder Richter) lässt sich durch verschiedenste Quellen weitgehend bestätigen. Der Artprice-Global-Index, der derzeit ca. 700’000 Künstler umfasst, lief über die letzten Jahre hinweg in der Tendenz jedoch eher seitwärts. Auch dieser breiter gefasste Index ist hinsichtlich seiner Aussagekraft mit Vorsicht zu geniessen. Ein Kunstwerk zeichnet sich durch seine Einzigartigkeit aus und entfaltet erst durch seine Betrachter und Sichtbarkeit seine eigentliche Bedeutung und somit auch seinen Preis. Ein einzelner Künstler kann in einem Jahr an der Art Basel ausgestellt werden, im nächsten Jahr durch eine Auktion fallen und danach von der Bildfläche verschwinden. Eine solche Entwicklung schlägt sich kaum in Indizes nieder.
Investitionen in junge Künstlerinnen und Künstler sind risikoreich
Die Künstlerkarriere und seine Vertretungen oder Positionierung in Galerien und Museen nachzuverfolgen kann eine Strategie sein. Man investiert in einen noch weitgehend unbekannten Künstler, stets mit der Hoffnung, dass er in Zukunft in den grossen Kunstinstitutionen, wie zum Beispiel im Museum of Modern Art, im Tate Modern oder im Guggenheim Museums, ausstellt und dadurch der Wert seiner Werke gesteigert wird. Nicht alle schaffen diesen Weg an die Spitze des Marktes, weshalb die Investition in junge Künstler ein finanzielles Risiko sein kann. Der Besitz eines Kunstwerkes wirft zudem weder Dividenden noch Mieterträge ab, sondern kostet Unterhalt wie zum Beispiel Versicherung. Ausserdem sollte man ein Kunstwerk über einen längeren Zeitraum halten, denn nur so ist bei einem zukünftigen Verkauf eine Wertsteigerung möglich.
Die Leidenschaft für die Kunst treibt die Preise hoch
Trotz des Risikos können junge Künstlerinnen und Künstler oder generell Kunst eine interessante Investitionsalternative sein, die sich insbesondere darin begründen lässt, als dass das Kunstwerk an sich die Basis dafür bildet. Wer sich für einen Künstler und dessen Arbeit begeistert, kann die Diversifikation seines Anlageportfolios mit Leidenschaft verbinden. Somit sollte man letzten Endes hauptsächlich dann in ein Werk investieren, wenn einem dieses auch gefällt. Es ist Leidenschaft für die Kunst, die den Kunstmarkt antreibt. Der Grund eines Sammlers, sich die kubistischen Abbildungen der Musen Picassos anzueignen, sollte somit die Wertschätzung des Schaffens des Künstlers sein und nicht ausschliesslich die Hoffnung, durch den Wiederverkauf einen schnellen Gewinn zu erzielen. Dadurch bleibt einem die Freude am Kunstwerk, selbst wenn sich ein solches Investment finanziell nicht gelohnt haben sollte.
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