Unsere Investitionsuhr zeigt 25 nach 10, eine Rezession mit geldpolitischer Lockerung. Das ist historisch gesehen das beste Umfeld für Obligationen, je höher in der Qualität und je länger in der Laufzeit umso besser. Dennoch fällt es schwer, wirklich optimistisch für Anleihen zu sein.
Exzellente Schuldner weisen immer noch negative Renditen auf, und auch die jüngsten Enttäuschungen im Obligationenmarkt tragen dazu bei, dass eine gewisse Skepsis bleibt. So hat sich gerade im März gezeigt, dass Obligationen in gemischten Mandaten nicht die Diversifikation gebracht haben, die man sich erhofft hat. Selbst normalerweise sichere Häfen haben gemeinsam mit Aktien Verluste hinnehmen müssen. Zudem ist es in den vergangenen Monaten sehr schwer gewesen, sich überhaupt im Obligationenmarkt zu bewegen. War es noch im Februar so, dass man kaum eine Anleihe finden konnte, ohne eine hohe Prämie zu bezahlen, so konnte man die selbe Obligation im März kaum ohne massiven Abschlag verkaufen. Prämien und Abschläge waren dabei absolut hoch, relativ zur laufenden Verzinsung waren sie exorbitant und haben leicht ein Vielfaches des ordentlichen Ertrags ausgemacht.
Unternehmensanleihen gewinnen an Attraktivität
Langsam beginnt sich die Situation jedoch zu normalisieren. Die jüngst lancierten Obligationen aus dem Unternehmenssektor weisen bei vernünftigen Qualitäten und überschaubaren Laufzeiten immerhin positive Renditen auf. Die Geld/Brief-Spannen erlauben sogar Anpassungen in Mandaten ohne die Ertragsperspektiven zu ruinieren. Auch mit Blick nach vorne, scheinen Obligationen aus dem Unternehmenssektor eine vernünftige Wahl zu sein.
Renditen von Staatsanleihen bleiben wohl tief
Kaum jemand geht davon aus, dass die Lockerungsmassnahmen zu einem explosionsartigen Anstieg des Wachstums führen oder die Zentralbanken die Zinsen frühzeitig wieder erhöhen werden. Somit rechnen wir damit, dass die Renditen der Staatsanleihen vorerst tief bleiben sollten. Für die Entwicklung der Risikoprämien, wäre etwas mehr Wachstum natürlich wünschenswert.
Die Selektion ist entscheidend
Aus unserer Sicht reicht es schon, dass die Lockerung zeigt, dass es nicht nur Verlierer der Krise gibt. Dies ermöglicht eine entsprechende Selektion im Mandat. Emittenten sollten so gewählt werden, dass die Bilanzqualität mit der Sensitivität des Geschäftsfelds in Relation zum COVID-Virus korrespondiert. Je stärker die Abhängigkeit, umso besser sollte die Bilanz sein. Wichtiger ist aber, dass wir uns vergegenwärtigen, dass ein Wandel vor uns liegt und nicht der Untergang. Diversifikation hat wieder einen Wert. Das gilt für Unternehmen allgemein und für Banken und Finanzintermediäre besonders.
Was verdeutlicht die Investitionsuhr von Rahn+Bodmer Co.?
Wir sind der Überzeugung, dass die wirtschaftliche Entwicklung entscheidend ist für die Ertragserwartungen der einzelnen Anlageklassen, deren Schwankungsanfälligkeit und die relativen Verschiebungen der Anlagekategorien zueinander. Die vier Phasen des Konjunkturzyklus sind in der Investitionsuhr auf dem äusseren Ring abgebildet.
Die Geldpolitik ist ein weiterer Faktor, der die Entwicklung von Anlagen wesentlich beeinflusst. Sie versucht üblicherweise Übertreibungen in der Konjunktur auszugleichen. Die Geldpolitik sollte in Boom-Phasen restriktiv und in einer Rezession expansiv wirken. Der geldpolitische Zyklus ist auf dem inneren Zifferblatt phasenversetzt dargestellt. Für Aktien sind die Zeigerstellungen für den Konjunktur- und geldpolitischen Zyklus von 6.00 bis 12.00 Uhr als positiv, jene von 12.00 bis 6.00 Uhr eher als negativ einzustufen. Die Investitionsuhr ist aus unserer Sicht ein gutes Instrument, um unsere Einschätzung der marktbestimmenden, fundamentalen Situation im globalen Kontext darzustellen. Daraus abgeleitet entwickeln wir unsere Anlageüberlegungen.
Disclaimer:
Die Informationen und Ansichten in diesem Blog dienen ausschliesslich Informationszwecken und stellen insbesondere keine Werbung, Empfehlung, Finanzanalyse oder sonstige Beratung dar. Namentlich ist dieser weder dazu bestimmt, dem Leser eine Anlageberatung zukommen zu lassen, noch ihn bei allfälligen Investitionen oder sonstigen Transaktionen zu unterstützen. Entscheide, welche aufgrund der vorliegenden Publikation getroffen werden, erfolgen im alleinigen Risiko des Anlegers.
Bei Fragen zu diesem Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
notablog@rahnbodmer.ch
Weitere Beiträge von Thorsten Küchler