Haben Sie schon einmal mit dem Gedanken gespielt, den Bruchteil eines Rothkos zu besitzen? Was bisher unvorstellbar erschien, wird in Zukunft vielleicht möglich sein: Den Teil eines kunsthistorischen Meisterwerkes zu besitzen. Auch wenn man dieses nicht im eigenen Wohnzimmer bewundern kann.
Um einen Teil eines Kunstwerks zu besitzen, braucht es keine Aktion im Stil des britischen Graffiti Künstlers Banksy, der 2018 durch das Schreddern eines seiner Werke an einer Abendauktion in London von sich reden machte. Viel mehr wird das physische Werk, beziehungsweise dessen Besitz-Zertifikat, auf eine Blockchain eingespeist, entlang derer es in beliebig viele Tokens aufgeteilt werden kann. Damit werden Kunstwerke auch für Investoren handelbar, die sich einen kompletten Monet bisher nicht leisten konnten.
Non-Bankable-Assets
Kunst fällt in die Kategorie sogenannter Non-Bankable-Assets: Vermögenswerte, die nicht Bestandteil eines normalen Portfolios sind und somit als «nicht bankfähig» gelten. Dazu gehören zum Beispiel Immobilien, geistiges Eigentum wie Patente, Private Equity oder seltene Sammlerstücke – wie eben Kunst, Oldtimer, Uhren oder Wein. Solche Assetklassen zeichnen sich unter anderem durch ihre Illiquidität und somit einer schwierigen Handelbarkeit aus. Ein objektiver Preis lässt sich kaum festsetzen, charakterisieren sich solche Sammlerstücke doch durch ihren emotionalen Wert und ihr limitiertes Angebot, wenn nicht sogar durch ihre Einzigartigkeit. Dies führt ausserdem dazu, dass sie hohe Eintrittsbarrieren und Transaktionskosten für Investments aufweisen. Doch durch eben diese Eigenschaften zählen jene Sammlerobjekte insbesondere in Krisenzeiten zu nicht-volatilen Anlagen.
Tokenisierung von nicht bankfähigen Vermögenswerten
Unter Tokenisierung wird die digitale Zuweisung eines materiellen oder immateriellen Objekts entlang einer Blockchain verstanden. Ein «physisches Echtheits-Zertifikat» wird in einen oder mehrere Bestandteile – oder eben Tokens – gestückelt, wodurch ein digitales Abbild des physischen Gegenstandes entsteht. Jeder aktuelle oder vorherige Besitzer des besagten Objekts ist auf der Blockchain verzeichnet, die Originalität, Provenienz und weiteres sicherstellt. Via Crypto Wallets lassen sich jene tokenisierten Gegenstände nun in Portfolios einbuchen – was schier endlose neue Möglichkeiten für das Wealth Managements der Zukunft eröffnet. Ein Vermögen lässt sich dadurch übersichtlich und gesamthaft darstellen, was bis anhin schwierig war, insbesondere wenn seltene Sammlerstücke einen beträchtlichen Teil des Vermögens darstellen. Und auch das Handhaben von Nachlässen und Schenkungen wird durch die Loslösung des rein physisch existierenden Gegenstandes vereinfacht.
Kunst als Investition
Der sekundäre Kunstmarkt hat sich in den vergangenen Jahren vor allem im Blue Chip Bereich stark positiv entwickelt und wichtige Börsen Indizes hinter sich gelassen, wie unter anderem der Artprice100 Index aufzeigt. Diese scheinbar in die Unendlichkeit steigenden Preise wecken schon seit einer Weile das Interesse von high-end Investoren, die darin einerseits langfristig wertsteigernde Anlagen sehen. Andererseits bietet es insbesondere auf dem Primärmarkt die Möglichkeit zur Spekulation – denn wer möchte nicht als erster den nächsten Picasso für sich entdecken? In diesen Marktdynamiken mitzumischen erfordert allerdings ein verhältnismässig hohes Eintrittsinvestment, insbesondere in Bezug auf werterhaltende Kunst. Dies führt zu einer Exklusivität, dessen Konsequenzen nicht nur Privatanleger, sondern auch Museen, Galeristen oder gar die Künstler selbst zu spüren bekommen.
Steht die Demokratisierung des Kunstmarkts bevor?
Ähnlich wie Anteile eines Unternehmens, lassen sich die Token eines Kunstwerkes handeln – ohne dass das gesamte Kunstwerk erworben werden muss. Wer von der Stabilität und positiven Entwicklung insbesondere des sekundären Kunstmarktes profitieren möchte, hat somit die Möglichkeit durch Token daran teilzuhaben – ohne Startkapital in Millionenhöhe. Durch das viel grössere Angebot der für Investoren verfügbaren Anteile eines bisher auf eine geringe Anzahl limitierter Werke eines Impressionisten, würde sich das Gewicht der Einzigartigkeit als zentraler Faktor der Preisbestimmung eines Kunstwerkes verringern. Die Möglichkeit, die Tokens direkt zu handeln, würde diese zuvor seltenen und nur schwer erreichbaren Sammlerobjekte von ihrer Illiquidität lösen.
Innovationsstandort Schweiz
Die Schweiz hat in der Kunstwelt seit je her einen zentralen Platz eingenommen. Sie beheimatet viele bedeutende Sammlungen oder Museen und ist unter anderem der Hauptstandort der Art Basel, für die die gesamte Kunstszene einmal jährlich nach Basel pilgert. Schon lange besteht in Basel und Zürich eine eng vernetzte und dichte Galerienlandschaft, die sich durch ihre geographische Lage um die ganze Welt spannt. Zudem gilt die Schweiz als Finanzplatz und Bankenzentrum – während Zug durch die dort zahlreich gegründeten Krypto Start-Ups gerne als «Crypto-Valley» bezeichnet wird. Die Schweiz hat somit die besten Voraussetzungen, sich in naher Zukunft als Vorreiterin in der Tokenisierung und dem Handel von bisher nicht bankfähigen Assets zu etablieren.
Bereits Realität oder Zukunftsmusik?
Obschon es technisch bereits möglich ist, physische Objekte auf Blockchains abzubilden, hat sich der Handel mit Tokens von seltenen Sammlerobjekten noch nicht auf einer breiten Basis durchgesetzt. Trotz bereits vielen Versuchen und Start-Ups in besagtem Bereich, fehlt es bis heute an einer etablierten Handelsplattform. Handelt es sich bei Investitionen, insbesondere bei jenen mit einem solch hohen emotionalen Wert, doch um etwas, was auf Vertrauen beruht. Trotzdem – in Zukunft wird es vielleicht möglich sein, zumindest einen Teil eines kunsthistorischen Meisterwerkes zu besitzen.
Bei Fragen zu diesem Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
notablog@rahnbodmer.ch
Disclaimer:
Die Informationen und Ansichten in diesem Blog dienen ausschliesslich Informationszwecken und stellen insbesondere keine Werbung, Empfehlung, Finanzanalyse oder sonstige Beratung dar. Namentlich ist dieser weder dazu bestimmt, dem Leser eine Anlageberatung zukommen zu lassen, noch ihn bei allfälligen Investitionen oder sonstigen Transaktionen zu unterstützen. Entscheide, welche aufgrund der vorliegenden Publikation getroffen werden, erfolgen im alleinigen Risiko des Anlegers
Weitere Beiträge von Hannah Halbheer