Finanzplanung

Tücken der Erbengemeinschaft

Von: Nora Schöllkopf

Bis ein Nachlass abgewi­ckelt ist, kann es Jahre dauern. Dies mögli­cher­weise aufgrund von Strei­tig­keiten oder aufgrund der Komple­xität des Nachlasses. Den Anteil ihrer Erbschaft müssen Erbende aber bereits ab dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers versteuern. So kann es sein, dass ein Erbe oder eine Erbin noch keine finan­zi­ellen Mittel erhalten hat, diese jedoch bereits versteuern muss. 

Erben­ge­mein­schaften bestehen oft noch während Jahren oder sogar Jahrzehnten. Insbe­sondere, wenn das Erbe illiquide Vermö­gens­werte, wie beispiels­weise Immobilien beinhaltet oder andere Faktoren die Erbteilung komplex gestalten. Das Nachlass­ver­mögen steht im Gesamt­ei­gentum der Erbenden. Das bedeutet, dass keiner der Erbenden allein über die Vermö­gens­werte verfügen kann. Entschei­dungen können nur gemeinsam und einstimmig gefällt werden. Häufig wird die Entschei­dungs­bildung dadurch schwierig, da unter allen Erbenden ein Konsens gefunden werden muss.

Für die Erbenden ist es wichtig zu wissen, dass jeder Einzelne der Erben­ge­mein­schaft zu belie­biger Zeit die Erbteilung gegebe­nen­falls gerichtlich verlangen kann. Die Erbenden haben auch die Möglichkeit nur einen Teil der Erbschaft aufzu­teilen und den anderen Teil in der Erben­ge­mein­schaft zu belassen, beispiels­weise eine Liegen­schaft (partielle Erbteilung). Herrscht unter den Erbenden Konsens, ist es auch möglich, einzelne Erbende auszu­be­zahlen. Die anderen Mitglieder verbleiben in der Erbengemeinschaft.

Besteuerung von Erbengemeinschaften

Sobald der Anspruch auf einem Erbe oder einem Teil davon besteht, müssen Vermögen und Erträge in der persön­lichen Steuer­erklärung angegeben werden. Dieser Anspruch entsteht mit dem Tod des Erblassers, da die Rechte und Pflichten des Erblassers unver­züglich auf die Erbenden übergehen. Ab diesem Zeitpunkt haben die Erbenden einen rechtlich durch­setz­baren Anspruch an ihrer Erbquote am Vermögen und der daraus flies­senden Erträge. Die Erbenden müssen sowohl das Vermögen als auch die Erträge gemäss der Erbquote in ihrer persön­lichen Steuer­erklärung deklarieren.

Wie sind nun die Vermö­gens­werte zu versteuern? Nachfolgend zeigen wir dies anhand folgenden Beispiels:

  • Vermö­gens­werte im Nachlass: eine vermietete Liegen­schaft, ein Ferienhaus, ein Wertschriftendepot
  • Frau Meier ist am 30.06.2021 verstorben, ihre zwei Kinder erben je zur Hälfte
  • Anzugeben sind alle noch nicht verteilten Vermö­gens­werte per 31. Dezember 2021 und Erträge, die vom Todestag bis zum Ende desselben Jahres erzielt wurden
 Steuerwert per 31.12.21Erträge 1.7.21.–31.12.21
Vermietete Liegen­schaft1’200’00017’000
Ferienhaus540’00011’000
./. Unter­halts­pau­schale -5’600
Wertschrif­ten­depot1’000’00012’000
./. Hypotheken / Schuldzinsen-600’000-3’000
./. Vermö­gens­ver­wal­tungs­kosten -1’500

Bei den Liegen­schaften ist zu beachten, dass nicht der Marktwert, sondern der Steuerwert relevant ist. Für die Erträge sind bei der vermie­teten Liegen­schaft die Netto­miet­ein­nahmen vom Todes­zeit­punkt bis Ende Jahr zu versteuern. Für das Ferienhaus ist der Eigen­mietwert pro rata relevant. Unterhalt kann entweder pauschal pro rata oder effektiv geltend gemacht werden.

Weitere Abzüge, wie für Schuld­zinsen oder für Kosten für die Vermö­gens­ver­waltung, können ebenfalls gemacht werden.

Die beiden Kinder haben somit obenge­nannte Werte je zur Hälfte in der eigenen Steuer­erklärung zu deklarieren.

Fachliche Unter­stützung ist sinnvoll

Bei Liegen­schaften ist zu beachten, dass diese für die Einkommens- und Vermö­gens­steu­er­zwecke dort zu versteuern sind, wo sie sich befinden. Somit kann für die Erben eine neue beschränkte Steuer­pflicht in einem anderen Kanton entstehen.

Damit die Rückfor­derung der Verrech­nungs­steuer nicht untergeht, wird empfohlen diese zeitnah zurück­zu­fordern. Ab 1. Januar 2022 kann dies jeder Erbe oder jede Erbin in der persön­lichen Steuer­erklärung entspre­chend seiner oder ihrer Quote zurückfordern.

Erben­ge­mein­schaften stehen vor einigen Heraus­for­de­rungen, sei es beim Ausfüllen der Steuer­erklärung oder bei der Teilung des Nachlasses. Bei komplexen Sachver­halten lohnt es sich, dafür Spezia­listen beizuziehen.

Bei Fragen zu diesem Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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