Finanzplanung

Abschaffung des Eigenmietwerts?

Seit die Besteuerung des Eigen­miet­werts 1934 auf Bundes­ebene durch einen Bundes­rats­be­schluss einge­führt wurde, ist sie ein Stein des Anstosses. Das als fiktiv empfundene Einkommen hat trotzdem bis zum heutigen Tag alle Abschaf­fungs­ver­suche überdauert.

Per Ende 2019 lebten in der Schweiz 2.3 Mio. Haushalte in einer Mietwohnung und 1.4 Mio. in den eigenen vier Wänden. Gerecht­fertigt wird die Eigen­miet­wert­be­steuerung mit dem Argument der Rechts­gleichheit. Da jedermann ein Dach über dem Kopf benötige, seien Eigen­heim­be­sit­ze­rinnen und Eigen­heim­be­sitzer sowie Mietende steuer­rechtlich gleich zu behandeln. Aus diesem Grund wird der Wohnei­gen­tü­merin oder dem Wohnei­gen­tümer der Nutzungswert der Liegen­schaft als Natural­ein­kommen angerechnet. Es handle sich dabei um einen Nutzungs­ertrag, der einen wirtschaft­lichen Wert habe und dem Mietzins entspreche, den die Eigen­tü­me­rinnen und Eigen­tümer bei der Vermietung ihrer Liegen­schaft an eine Dritt­person hätten erzielen können. Durch die Eigen­nutzung sparten die Eigen­tü­me­rinnen und Eigen­tümer eine unerläss­liche Ausgabe in Form der Miete, die andere Steuer­pflichtige aufwenden müssten.

Seit der Einführung ist die Abschaffung des Eigen­miet­wertes zweimal in Volks­ab­stim­mungen und mehrmals im Parlament gescheitert.

Ein erneuter Versuch

Der neuer­liche Versuch zur Abschaffung beruht auf einer parla­men­ta­ri­schen Initiative aus dem Jahr 2017. In Bundesbern besteht Einigkeit darüber, dass das geltende System der Wohnei­gen­tums­be­steuerung revidiert werden soll.

Während der Ständerat lediglich einen parti­ellen System­wechsel mit einer Aufhebung des Eigen­miet­werts für das am Wohnsitz selbst­be­wohnte Wohnei­gentum befür­wortet, nicht jedoch für Zweit­lie­gen­schaften, sprechen sich der National- und der Bundesrat für eine vollständige Abschaffung aus. Der Abzug für Liegen­schafts­un­ter­halts­kosten soll in diesem Zusam­menhang ebenfalls entfallen und nur noch für vermie­tetes und verpach­tetes Wohnei­gentum möglich sein.

Künftig soll auch der Abzug für private Schuld­zinsen auf 70 % bezie­hungs­weise 40 % der steuer­baren Vermö­gens­er­träge beschränkt werden. Über die Höhe sind sich National- und Ständerat derzeit noch nicht einig. Damit sollen Verschul­dungs­an­reize reduziert werden, da die Privat­ver­schuldung in der Schweiz insbe­sondere auf Hypothe­kar­schulden zurück­zu­führen ist. Dagegen wird vorge­bracht, dass damit Vermie­te­rinnen und Vermieter mit höherer Verschuldung bestraft würden. Um es insbe­sondere jüngeren Personen leichter zu ermög­lichen, Wohnei­gentum zu erwerben, soll aller­dings ein zeitlich und betrags­mässig begrenzter Ersterwer­ber­abzug einge­führt werden.

Die ausser­fis­ka­lisch motivierten Abzüge für Energiespar- und Umwelt­schutz­abzüge sollen bei der direkten Bundes­steuer entfallen, jedoch auf kanto­naler Ebene vorerst beibe­halten werden, während der Abzug für denkmal­pfle­ge­rische Arbeiten vollum­fänglich beibe­halten werden soll.

Finan­zielle Auswirkungen

Die Schät­zungen zu den finan­zi­ellen Auswir­kungen der gesamten Vorlage sind selbst­redend mit erheb­lichen Unsicher­heiten verbunden und werden massgeblich vom durch­schnitt­lichen Zinsniveau beein­flusst. Die Minder­ein­nahmen für die Abschaffung des Eigen­miet­werts werden mit CHF 5.54 Mrd. beziffert. Dabei entfallen rund CHF 0.36 Mrd. auf Zweit­lie­gen­schaften. Diese Minder­ein­nahmen werden durch die Abschaffung des Unter­halts­kos­ten­abzugs im Umfang von CHF 2.68 Mrd. teilweise aufgewogen.

Die finan­zi­ellen Folgen der Begrenzung der Abzugs­fä­higkeit der Schuld­zinsen auf 40 % gemäss Vorschlag des Natio­nal­rates sind abhängig vom durch­schnitt­lichen Zinsniveau. Bei einem Zinsniveau von 1.5 % belaufen sie sich auf CHF 1.63 Mrd. Steigt der Zins auf 3 % resul­tieren Mehrr­ein­nahmen von CHF 3.36 Mrd.

Unter Berück­sich­tigung sämtlicher Faktoren bewegen sich die gesamt­staat­lichen (Bund und Kantone) Minder­ein­nahmen zwischen CHF 0.22 Mrd. und CHF 1.91 Mrd. Im Falle eines Hochzins­um­feldes (5 %) würden aufgrund der Vorlage für den Bund und die Kantone aller­dings sogar Mehrein­nahmen resultieren.

Wie geht es weiter?

Sowohl der Stände- als auch der Natio­nalrat haben der Vorlage in der Gesamt­ab­stimmung zugestimmt. Der Bundesrat unter­stützt die Reform­be­stre­bungen, sofern diese ausge­wogen, in sich konsistent und finan­ziell verkraftbar sind. Aktuell befindet sich das Geschäft im Diffe­renz­be­rei­ni­gungs­ver­fahren bei der Kommission des Nationalrates.

Die Chancen, dass die Vorlage schluss­endlich angenommen wird, scheinen intakt. Es ist aber auch bei einer Annahme mit gross­zü­gigen Übergangs­fristen zu rechnen, da einer­seits Eigen­tü­me­rinnen und Eigen­tümern Zeit gewährt werden soll, sich auf die verän­derten Rahmen­be­din­gungen einzu­stellen, aber auch die Kantone Zeit benötigen werden für die Umsetzung der Bestim­mungen im kanto­nalen Recht.

Bei Fragen zu diesem Thema stehen Ihnen unsere Kunden­be­ra­te­rinnen und Kunden­be­rater gerne zur Verfügung.

Bei Anregungen zum Notablog wenden Sie sich bitte an notablog@rahnbodmer.ch


Recht­liche Hinweise
Die Infor­ma­tionen und Ansichten in diesem Blog dienen ausschliesslich Infor­ma­ti­ons­zwecken und stellen insbe­sondere keine Werbung, Empfehlung, Finanz­analyse oder sonstige Beratung dar. Namentlich ist dieser weder dazu bestimmt, der Leserin oder dem Leser eine Anlage­be­ratung zukommen zu lassen, noch sie oder ihn bei allfäl­ligen Inves­ti­tionen oder sonstigen Trans­ak­tionen zu unter­stützen. Entscheide, welche aufgrund der vorlie­genden Publi­kation getroffen werden, erfolgen im allei­nigen Risiko der Anlegerin oder des Anlegers.


Weitere Beiträge von