Heinz Rüttimann
Anlegen

Für Schwarz­ma­lerei ist es noch zu früh

Das dritte Quartal 2024 bot Anlege­rinnen und Anlegern ein überra­schend positives Bild, trotz eines Schock­mo­ments Ende Juli. Während globale Aktien­märkte wie der S&P 500 und der Stoxx 600 schwä­chelten, erholten sich andere Anlage­klassen, angeführt von Schweizer Aktien und Gold. Der Markt beruhigte sich rasch, insbe­sondere durch erwartete Zinssen­kungen der US-Fed und anderer Zentralbanken.

Trotz eines Schock­mo­ments Ende Juli 2024 war das dritte Quartal aus Anleger­sicht in CHF ein positives. Auf der einen Seite sank zwar der S&P 500 um 0.8 % und der Stoxx 600 konnte sich mit 0 % gerade noch halten. Auf der anderen Seite stiegen aber der SPI um 2 %, Gold um 6.4 % und der SXI Real Estate Fund um 4.7 %. Während des Schock­mo­ments Ende Juli brach der MSCI Welt innerhalb von drei Tagen um 6.5 % ein (Nikkei 225 ‑18 %). Die US-Arbeits­markt­daten sowie die Unsicherheit, ob der US-Abschwung bereits begonnen hat, während Europa und China keinen ernst­zu­neh­menden wirtschaft­lichen Gegenpol bieten können, gaben bei dieser Entwicklung den entschei­denden Ausschlag. Zum Erstaunen vieler hat sich der MSCI Welt in einer Rekordzeit von nur zwei Wochen vollständig erholt. Der September war dann geprägt von Zinssen­kungen der US-Fed, EZB und SNB und den Erwar­tungen, dass zügig weitere Zinssen­kungen kommen werden.

Die Kurse der wichtigsten Aktienmärkte in den ersten drei Quartalen 2024.

Konjunktur

Die Hoffnung, dass eine bevor­ste­hende US-Wirtschafts­schwäche und die damit verbundene geringere Endnach­frage von Europa und dem Rest der Welt ausge­glichen werden könnten, erfüllt sich derzeit nicht. Das europäische Gewerbe tut sich besonders schwer (BIP +0.6 % im Jahres­ver­gleich und schwache Auftragslage) und die Hoffnungen für ein respek­tables Wirtschafts­wachstum lasten auf den Konsu­men­tinnen und Konsu­menten. Diese hätten das Potenzial, in die Bresche zu springen, da das reale Lohnwachstum positiv ist. China meldet sich nach langer Zeit wieder zurück auf der Konjunk­tur­bühne. Sollten die geplanten fiskal­po­li­ti­schen Massnahmen (0.8 % bis 1.6 % vom BIP) wirklich kommen, wäre dies unwei­gerlich positiv für die globale Wirtschaft 2025. Die Wirtschafts­kraft der USA ist im derzei­tigen Zyklus noch stark genug, um die Schwächen der zwei anderen Wirtschafts­blöcke auszu­gleichen. Im Jahres­ver­gleich stieg das US-BIP um 3.1 % und wird weiterhin angetrieben von einem robusten Konsum­ver­halten und von gross­zü­gigen (wenn auch verschwen­de­ri­schen) Fiskal­aus­gaben der US-Regierung. Das Bild hat aber unüber­sehbare Risse bekommen. Dies zeigt sich bei den schwachen US-Neuauf­trägen, sich aufbau­enden Lager­be­ständen und einem sich abküh­lenden Arbeits­markt. Für Schwarz­ma­lerei ist es aber noch zu früh. Die erfolgten Zinssen­kungen und vor allem das Potenzial für weitere Zinssen­kungen werden den Wirtschafts­zyklus abfedern können. Neu lancieren werden sie ihn aber kaum.

Geldpo­litik

Im September hat die US-Fed den lang erwar­teten Zinssen­kungs­zyklus gestartet und den Leitzins von 5.5 % (Niveau seit März 2023) auf 5 % reduziert. Neben der US-Fed haben die EZB und die SNB den Leitzins ebenfalls um je 25 Basis­punkte gesenkt. Beim Leitzins ergibt sich damit zum Vorjahr eine Entlastung, welche von den Märkten mit steigenden Aktien­kursen quittiert wurde. Trotz Zinssenkung bleiben die Leitzinsen in den USA und Europa aber auf einem restrik­tiven Niveau (Leitzins minus Inflation). In beiden Wirtschafts­blöcken ist der Disin­fla­ti­ons­prozess weiterhin intakt und die langfris­tigen Infla­ti­ons­er­war­tungen sind gut verankert. Sprich, der Zinssen­kungs­zyklus wird sich weiter fortsetzen.

Anleihen

Die Zinskurven der USA, Europa und der Schweiz sind weiterhin invers und recht­fer­tigen die Strategie, bei Obliga­tio­nen­an­lagen weiterhin auf Qualität zu setzen. Insbe­sondere die Schweizer Zinskurve ist nach dem letzten SNB Zinsschritt nun so tief, dass Obliga­tionen wieder vermehrt im Wettbewerb stehen mit anderen zinssen­si­tiven Anlagen, wie zum Beispiel Immobi­li­en­fonds. Das Akronym «TINA» oder «there is no alter­native» ruft bei Schweizer Anlege­rinnen und Anlegern ungute Erinne­rungen hervor.

Währungen

Der USD dürfte zu einer leichten Gegen­be­wegung ansetzen. Gründe hierfür sind, dass die Markt­er­war­tungen für die kommenden Zinssen­kungen sehr ambitiös sind und dass das Zinsniveau im USD immer noch deutlich höher ist als im Schweizer Franken. Der CHF wurde unter anderem auch aufgrund der geopo­li­ti­schen Risiken im Mittleren Osten vermehrt nachge­fragt. Nach den kürzlichen inten­siven Angriffen Israels auf die Hisbollah-Führung dürfte der CHF zumindest kurzfristig stark bleiben. Sollten sich die geopo­li­ti­schen Risiken einiger­massen norma­li­sieren, dürfte die Nachfrage nach CHF eher abnehmen.

Aktien

Über die nächsten Wochen bis zum 5. November 2024 wird der US-Wahlkampf im Zentrum des Geschehens stehen. Die Geschichte hat gezeigt, dass Inves­to­rinnen und Inves­toren sich aufgrund der erhöhten Wahlri­siken wohl auf einen schwie­rigen Oktober werden einstellen müssen. Sind diese einmal vorbei, sollten sich die Märkte wieder norma­li­sieren: Seit 1952 oder in 14 der letzten 18 US-Wahlen entwi­ckelte sich der S&P 500 im November und Dezember positiv. Das Jahr 2024 neigt sich langsam dem Ende zu und histo­risch gesehen ist das vierte Quartal des Jahres oftmals positiv für die Aktien­märkte. In einer solchen Zeit nicht im Markt exponiert zu sein, ist ebenfalls ein Risiko. Umso mehr für Schweizer Inves­to­rinnen und Inves­toren, welche mit Obliga­tio­nen­an­lagen den Kapital­erhalt kaum mehr schaffen. Noch ist es nicht so weit, aber der Begriff «TINA» (there is no alter­native) hält in der Schweiz langsam wieder Einzug. Die Bewer­tungen bewegen sich insgesamt mehrheitlich in einem normalen Rahmen. Sprich, bei einer allfäl­ligen Korrektur sollten sich relativ schnell wieder Käufe­rinnen und Käufer finden lassen.

Alter­native Anlagen

Gold befindet sich auf einem Rekordhoch und die derzeitige Goldstimmung ist positiv. Auch wenn Gold weiter Aufwärts­po­tenzial hat, ist es auf den derzei­tigen Niveaus ratsam, eine Konso­li­dierung abzuwarten oder gestaffelt einzu­steigen. Der Goldpreis wird gestützt durch die erwar­teten Zinssen­kungen der US-Fed, die geopo­li­ti­schen Risiken im Mittleren Osten und dem Ukrai­ne­krieg sowie die Goldkäufe einiger Zentral­banken in den Schwel­len­ländern, allen voran China. Da Gold wenig konjunk­tur­emp­findlich ist, dürfte ein eventu­eller wirtschaft­licher Abschwung ebenfalls positiv wirken.

Schweizer Immobilien erwirt­schaften eine Rendite von ~2.9 % und sind eine attraktive Anlage. Gründe hierfür sind, dass sich die Zinskurve merklich nach unten verschoben hat (Raum für höhere Prämien zum NAV), dass die Immobi­li­en­preise gut gestützt sind (tiefe Leerstands­quote und geringere Wohnungs­pro­duktion), und dass sich die Finan­zie­rungs­seite mit der dritten SNB-Zinssenkung seit März 2024 nochmals verbilligt hat. Auf der Ertrags­seite ergibt sich bis auf Weiteres keine Verän­derung beim Referenz­zinssatz für die Mieten.

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