Mit der am 4. März 2024 mit lediglich knapp 110’000 Stimmen zustande gekommenen Volksinitiative «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert (Initiative für eine Zukunft)« fordert die JUSO Schweiz die Einführung einer nationalen Erbschafts- und Schenkungssteuer auf dem Nachlass und den Schenkungen von natürlichen Personen.
Der Bundesrat lehnt die Volksinitiative aus verschiedenen Gründen und ohne Gegenvorschlag ab. Er sagt, die Initiative stelle kein taugliches Mittel dar, um die von den Initiantinnen und Initianten geforderten Klimaziele zu erreichen. Gleichzeitig gefährde sie die Attraktivität des Standorts Schweiz und damit die heutigen Steuereinnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden.
Die in der Initiative geforderten Massnahmen zur Verhinderung von Steuervermeidung, insbesondere in Bezug auf den Wegzug von Steuerpflichtigen aus der Schweiz, sollen bei einer Annahme rückwirkend auf den Abstimmungstag in Kraft gesetzt werden. Diese Formulierung sorgt für grosse Verunsicherung, weshalb die Initiative bereits vor der Abstimmung immense Wellen schlägt. Nachfolgend werden einige Aspekte beleuchtet:
Eine Frage der Bewertung
Die Initiative sieht vor, dass die ersten 50 Millionen Schweizer Franken, welche verschenkt oder vererbt werden, nicht der Besteuerung unterliegen. Erst ein darüberliegender Betrag wird mit einem Steuersatz von 50 Prozent erfasst. Es stellt sich somit die Frage nach der Bewertung von Vermögenswerten, für die es keinen leicht erkennbaren Markt- oder Börsenwert gibt, wie beispielsweise für Liegenschaften oder Unternehmen ohne Börsenwert. Hierzu lässt sich der Initiative keine Regelung entnehmen. Ausgangspunkt dürfte voraussichtlich der Vermögenssteuerwert bilden, welcher durch eine Bewertung oder eine Schätzung ermittelt werden muss. Da Bewertungen immer mit Unschärfen behaftet sind, dürfte sich viel Ermessensspielraum bzw. Diskussionspotenzial ergeben.
Keine Ausnahmen für Kinder oder Ehegatten und bei der Unternehmensnachfolge
Der Initiativtext sieht keine Ausnahmen vor, das heisst sobald der Freibetrag überschritten wird, fällt die Steuer an. Diese Ausgangslage stellt insbesondere Unternehmerinnen und Unternehmer vor Probleme, deren Vermögen hauptsächlich in einer Firma gebunden ist. In einem Todesfall oder bei der Unternehmensnachfolge sähe man sich bei Annahme der Initiative mit einer möglichen schwer finanzierbaren Millionenforderung des Fiskus konfrontiert. In der Konsequenz müsste das Unternehmen oder Teile davon veräussert werden, was schon heute Betroffene über einen möglichen Wegzug aus der Schweiz laut nachdenken lässt und einen grossen medialen Aufruhr verursacht hat. Dies dürfte mit nicht abschätzbaren Folgen für den Wirtschaftsstandort Schweiz einhergehen.
Letzter Ausweg – Wegzug?
Gemäss dem Initiativtext soll eine Steuervermeidung insbesondere in Bezug auf den Wegzug aus der Schweiz verhindert werden. Diese Regelung soll rückwirkend auf das Annahmedatum der Initiative anwendbar sein, was Unsicherheit schafft und Fragen zur Gültigkeit der Initiative aufwirft. Zur Verhinderung eines solchen Wegzugs, wären folgende Massnahmen denkbar:
- Passentzug, Schuldverhaft etc.
- Wegzugssteuer
- Vollstreckungshilfe
- Nachwirkendes Besteuerungsrecht
Der Bundesrat steht einer Wegzugssteuer ablehnend gegenüber. Ein Verbot eines Wegzugs, beispielsweise mittels Passentzug oder Kapitalverkehrskontrolle schliesst er gar aus. Grundsätzlich denkbar wäre demgegenüber ein nachwirkendes Besteuerungsrecht. Dieses könnte zur Anwendung gelangen, wenn eine Person nach dem Wegzug ins Ausland zeitnah eine Schenkung tätigt, nicht jedoch, wenn die Person kurz nach dem Wegzug verstirbt. Auch diesbezüglich bestehen jedoch Vorbehalte, da die Schweiz zum jetzigen Zeitpunkt noch mit keinem Staat die Vollstreckungshilfe für Erbschaftssteuerforderungen vereinbart hat.
Wie weiter?
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die von der Initiative potenziell betroffenen Personen möglichst schnell Klarheit über deren allfälligen Umsetzung erhalten müssen, weshalb die Ausarbeitung einer Botschaft zuhanden des Parlaments beauftragt wurde. Die Botschaft wird bis spätestens Anfang Februar 2025 erwartet und wird sich zur Auslegung der Volksinitiative und zu ihrer möglichen Umsetzung äussern. Eine Volksabstimmung zur Initiative der JUSO könnte Ende 2026 stattfinden. Die letzte Erbschaftssteuerreform wurde 2015 von Volk und Ständen klar abgelehnt.
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