Unsere Gesellschaft ist geprägt vom technologischen Wandel. Wenn ein Land den technologischen Wandel annimmt und zu seinem Vorteil nutzt, steigert es die Produktivität und damit den Lebensstandard seiner Bevölkerung. Verschliesst sich ein Land dem technologischen Wandel und betreibt es vermehrt Protektionismus, sinkt über kurz oder lang der Lebensstandard.
Die Wirtschaft eines Landes mit einer hohen Wertschöpfung ist permanent einem «race for excellence» ausgesetzt. Die Aufgabe der Politik ist es, die optimalen Rahmenbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit und den technologischen Wandel des Landes zu schaffen. Gleichzeitig führt dieser Wandel zu Veränderungen und auch zu Verliererinnen und Verlierern dieser Veränderungen. Abwehrhaltungen sind verständlich. Wenn sie aber zu gross werden, hindert das langfristig die positiven Effekte des Wandels und der Lebensstandard leidet. Der Aufstieg Chinas ist das beste Beispiel hierfür. So hat China heute das grösste Netzwerk der Welt an Bullet Trains, eine permanente Weltraumstation, das grösste Radioteleskop und mit BeiDou ein eigenes technologisch hochstehendes GPS System. Der Aufstieg Chinas hat Millionen von Menschen einen besseren Lebensstandard verschafft.
Das IMD Lausanne erstellt mit anderen Instituten zusammen eine jährliche Rangliste für die globale Wettbewerbsfähigkeit und Digitalisierung.
- Das IMD World Competitiveness Yearbook wurde erstmals 1989 veröffentlicht und umfasst 67 Länder.
- Das IMD World Digital Competitiveness Yearbook wurde erstmals 2016 veröffentlicht und umfasst ebenfalls 67 Länder.
Dieser Beitrag widmet sich diesen zwei Ranglisten.
IMD World Competitiveness Yearbook (Juni 2024)
Die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft lässt sich nicht nur auf ihr BIP und ihre Produktivität reduzieren. Bei der IMD Rangliste sind die politischen, sozialen und kulturellen Dimensionen ebenfalls von Bedeutung. Die Regierung hat dabei eine zentrale Rolle. Sie muss nämlich ein Umfeld schaffen, das die nachhaltige Wertschöpfung von Unternehmen fördert. Dazu gehören eine effiziente Infrastruktur, gut geführte Institutionen, Rechtsicherheit etc.
- Platz 1: Singapur ist die wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft. Das Land verdankt den 1. Platz einer soliden Leistung bei allen vier Wettbewerbsfaktoren, nämlich Wirtschaft, Regierung, Unternehmenseffizienz und Infrastruktur.
- Platz 2: Die Schweiz erobert den zweiten Platz zurück. Die zwei ausschlaggebenden Faktoren waren eine Verbesserung bei der Wirtschaftsleistung und Unternehmenseffizienz. Bei der Regierungseffizienz und Infrastruktur nimmt die Schweiz weiterhin eine Spitzenposition ein.
- Platz 3: Dänemark
IMD World Digital Competitiveness Yearbook (November 2024)
Im Laufe des 21. Jahrhunderts ist die digitale Wettbewerbsfähigkeit zu einer grundlegenden Voraussetzung für das Wirtschaftswachstum geworden. Industrien, Unternehmen und Regierungen brauchen hierfür eine zuverlässige digitale Infrastruktur, um die digitale Transformation meistern zu können. Die Digitalisierung erlaubt eine datengesteuerte Volkswirtschaft und Automatisierung quer durch alle Branchen hindurch vom Gesundheitswesen bis zur Produktion. Die Grundlage für die IMD World Digital Competitiveness Rangliste sind 59 Kriterien (38 harte Kriterien und 21 Umfragen).
- Platz 1: Singapur holt den Spitzenplatz. Ausschlaggebend für die Verbesserung waren der Faktor Wissen und Technologie.
- Platz 2: Die Schweiz hält einen Spitzenplatz beim Faktor Wissen und verbessert sich bei den Faktoren Technologie und Zukunftsbereitschaft. Die Schweiz profitiert von hochqualifizierten Wissensträgerinnen und ‑trägern und Führungskräften und ihrer effektiven Durchsetzung von Rechten an geistigem Eigentum. Auch beim neu eingeführten Indikator zur Anzahl der pro Kopf veröffentlichten KI-Artikel schneidet die Schweiz gut ab. Zu den allgemeinen Schwächen der Schweiz gehören drahtloses Breitband, sowie die Börsenkapitalisierung von IT- und Medienfirmen.
- Platz 3: Dänemark belegt Rang drei. Ausschlaggebend waren Faktoren, wie Wissen, Technologie und Regulierungsrahmen.
Konklusion
- Die Hauptkonklusion ist, dass das «race for excellence» für ein Land mit hoher Wertschöpfung nie endet oder sich der Lebensstandard schleichend verschlechtert. Nahezu ein Naturgesetz im Kapitalismus ist, dass sich die Technologie durchsetzt, welche billiger, leistungsfähiger und bequemer ist. Die Politik und Bevölkerung eines Landes sind dann wettbewerbsfähig, wenn sie den schmerzhaften technologischen Wandel (was er unweigerlich ist) annehmen und vor allem die Chancen darin sehen.
- Im internationalen Wettbewerb braucht die Wirtschaft eines Landes gleich lange Spiesse. Die Politik verwechselt dies aber oftmals mit Strukturerhaltung via Subventionen oder einer schwächeren Währung. Eine schwächere Währung hilft zwar der Exportwirtschaft, verlangsamt aber den Strukturwandel in der Binnenwirtschaft und schwächt die Kaufkraft der Konsumentinnen und Konsumenten. Mit ein Grund für die gute Platzierung der Schweiz bei der Wettbewerbsfähigkeit ist wohl der permanente Aufwertungsdruck des Schweizer Franken. Dieser zwingt Schweizer Firmen, sich immer wieder rasch an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen durch Kostensenkungen, Produktivitätssteigerungen und Innovationen.
- Donald Trump wird als nächster US-Präsident den globalen Handel / Produktion mit auferlegten Importzölle teilweise verändern. Wer, wie, wann, wissen wir noch nicht. Die Schweiz wird es direkt oder indirekt ebenfalls treffen. Der Vorteil der Schweiz ist, dass viele Firmen eine profitable Nische mit Qualitätsprodukten besetzt haben. Der Vorteil von Geschäftsnischen ist, dass der Endkunde weniger preissensitiv ist, da die Produkte schwieriger zu ersetzen sind.
Für Investorinnen und Investoren ist der Schweizer Aktienmarkt weiterhin attraktiv: Dies, weil sie in einem härteren internationalen Umfeld in eine möglichst wettbewerbsfähigen Wirtschaft investieren wollen. Zudem dürften Geschäftsnischen weniger von den Veränderungen betroffen sein und Firmen ihre Margen halten können. Und obwohl die USA für die Schweiz der wichtigste Exportmarkt sind und die Schweiz deshalb anfällig ist bei möglichen Verhandlungen, ist sie doch bei den US-Importen ein kleiner Markt und dürfte weniger im Fokus stehen.
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