Strukturierte Produkte spalten die Anlegergemeinde: Die einen schätzen sie als wertvolle Bereicherung des Anlagehorizonts, die anderen unterstellen den herausgebenden und vertreibenden Banken «Gebührenreiterei». Gleichwohl bieten Strukturierte für Investoren eine eindeutige Bereicherung insbesondere in Bezug auf Flexibilisierung ihrer Ausrichtung und Allokation.
In einer Artikelserie befasst sich der Autor mit strukturierten Produkten, im ersten Teil erläutert er Barrier Reverse Convertibles, dem derzeit mit Abstand populärsten strukturierten Produkt.
Was sind Barrier Reverse Convertibles und wie funktionieren sie?
Ein Barrier Reverse Convertible kombiniert in seiner Ausrichtung ein bedingtes Aktienengagement mit einer Geldmarktanlage und ist in der Laufzeit beschränkt. Vielfach wird dabei eine Produktlaufdauer von einem Jahr gewählt. Als zugrunde liegendes Anlageinstrument (Underlying) bieten sich einerseits Einzelwerte oder Indices an. Um die Rendite zu steigern werden andererseits auch vielfach sogenannte «Worst-of-Baskets» gewählt, die mehrere Basiswerte, respektive Indices, im Produkt einschliessen. Wie der Name bereits andeutet, ist bei solchen Körben der sich am schlechtesten entwickelnde Underlying massgebend für die Kursentwicklung des Produkts.
Was erhält der Anleger am Ende der Laufzeit?
Als gewählte Basiswerte bieten sich Aktien, Aktienindices, Rohstoffe und allenfalls auch Währungen an, wobei hier die grundlegend eher tiefen Volatilitäten nur beschränkt lukrative Ertragschancen versprechen. Barrier Reverse Convertibles unterliegen mindestens zwei Bedingungen, die massgeblich Einfluss auf das Auszahlungsgebaren am Schluss der Laufzeit haben. In erster Linie muss dabei die Barriere beobachtet werden: Wird diese nicht verletzt, erfolgt zum Schluss die vollständige Rückzahlung des eingesetzten Kapitals zuzüglich des vereinbarten Coupons. Wird hingegen die Barriere verletzt, erhält der Investor zum Laufzeitende den Zinsertrag und entweder die vereinbarte Anzahl Basiswerte oder alternativ einen Cash-Ausgleich.
Wo liegt der Haken?
Barrier Reverse Convertibles locken mit einer Anlagerendite, die deutlich oberhalb von «gewöhnlichen» Zinsanlagen ist. Dies ist naturgemäss nur möglich, wenn auch ein leicht bis moderat erhöhtes Risiko in Kauf genommen wird. Die möglichen Renditen fallen höher aus, wenn die Barrieren höher/knapper gewählt werden, wenn es sich um volatilere Basiswerte (z.B. Nestlé vs Tesla) handelt und auch wenn phantasiereichere Kombinationen (wie beispielsweise ein Basket mit Nestlé, Renault und IBM, in ihrer Ausrichtung komplett gegensätzliche Branchen) gewählt werden. Zusätzlich ist zu beachten, dass sämtliche strukturierte Produkte von Banken herausgegeben werden und damit auch ein zusätzliches Schuldnerrisiko besteht, das – wie der Fall von Lehman Brothers gezeigt hat – ebenfalls zu erheblichen Verlusten führen kann.
Passen Barrier Reverse Convertibles in ein «gewöhnliches» Portfolio?
Dies kann – aus objektiver Betrachtung – eindeutig mit einem Ja beantwortet werden. Allerdings sollte der Anleger immer darauf achten, dass die Allokation nicht aus den Fugen gerät und mit einer unbeabsichtigten Übergewichtung ein Klumpenrisiko entsteht und damit dem ursprünglichen Investmentzielgedanken entgegensteht. Barrier Reverse Convertibles eignen sich in Marktsituationen, bei welchen eine positive Einschätzung zu Basiswert und Markt überwiegt, zwischenzeitliche leichte bis moderate Korrekturphasen jedoch nicht auszuschliessen sind.
Disclaimer:
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