Erfolgreiche Familienunternehmen planen ihre Zukunft unter Einbezug der vier Kernbereiche Familie, Unternehmen, Kapital und Individuum. Die beiden Expertinnen für Familienunternehmen Carole Häusermann und Franziska Müller Tiberini haben mit dem Family Business Compass ein Kartenset mit 44 Karten entwickelt, das es Familien ermöglicht, ihren Soll-Zustand unter Berücksichtigung aller vier Bereiche zu definieren.
Einer der häufigsten Gründe, weshalb Familienunternehmen spätestens bei der Nachfolgeregelung scheitern, ist, dass den Themen Unternehmen und Kapital viel Raum eingeräumt wird, die Schlüsselbereiche Familie und Individuum aber oft vergessen gehen. Der Family Business Compass schliesst alle vier Bereiche ein: Familie, Unternehmen, Kapital und Individuum.
Frau Häusermann, welches waren Ihre Beweggründe zusammen mit Franziska Müller Tiberini den Family Business Compass zu entwickeln?
Die strategische und operative Führung eines Unternehmens ist sehr anspruchsvoll und komplex, bei Familienunternehmen kommen dazu noch die Ansprüche und Bedürfnisse aller Familienmitglieder. Jedes Mitglied hat zudem unterschiedliche Rollen und Verantwortlichkeiten: Spricht die Schwester jetzt als Verwaltungsrätin oder als jüngere Schwester? Dies erhöht die Komplexität und muss erst einmal in verdaubare Teile zerlegt werden. Genau das möchten wir mit dem Family Business Compass tun. Einerseits hilft der Compass dabei, die Gesamtheit der Themen zu erkennen, andererseits «best practice» zu verstehen und schliesslich sehr rasch zu einer individuellen Familienausrichtung zu kommen. Dinge werden transparent und Unausgesprochenes wird sprichwörtlich auf den Tisch gelegt. Das fördert das gegenseitige Verständnis und initiiert das Gespräch – auch bei emotionalen Themen — innerhalb der Familie.
An wen richtet sich der Family Business Compass?
An Unternehmerfamilien in ihren unterschiedlichen Lebenszyklen. Besonders hilfreich ist er bei der Planung einer strategischen Neuausrichtung sowie beim Einbezug der nächsten Generation in den Dialog, wobei die Alterstriologie von 18, 25, 35 Jahren als Orientierung dienen kann. Der Family Business Compass kann aber auch sehr gut als Leitfaden im Rahmen von Beratungen durch Rechtsanwälte, Steuerberater, Treuhänder, Banquiers oder Coaches angewendet werden.
Welche Vorteile hat das von Ihnen entwickelte Kartenset gegenüber einem Ratgeber in Buchform?
Die wesentlichen Vorteile sind sicherlich der spielerische Ansatz und der geringe Zeitaufwand, um sich einen Überblick zu verschaffen sowie der variabel einsetzbare Bezugsrahmen. So kann der Compass individuell oder als Gruppe von NextGen’s, SenGen’s, Familienstämmen etc. gespielt werden, um gemeinsame sowie differenzierte Perspektiven ans Tageslicht zu bringen. Ferner dient er der Ressourcenschonung, denn es wird transparent, welche Themen aktuell Aufmerksamkeit verdienen und welche getrost bei Seite gelegt werden dürfen. Für eine erste Standortbestimmung können 20 Minuten reichen. Der spielerische und gleichzeitig strukturierte Ansatz der Karten hilft zudem, Anfangshürden abzubauen und den Dialog zu objektivieren.
Wann sollte man den Family Business Compass zu Rate ziehen?
Natürlich kann der Compass bei akutem Handlungsbedarf eine Unterstützung bieten. Noch besser ist es aber, nicht zu warten bis es lichterloh brennt. Der Compass ist ein ideales Instrument, um die Zukunftsplanung eines Familienunternehmens systematisch anzugehen. Gerade für die Nachfolgegeneration ist es wichtig, frühzeitig in die Planung und Lösung involviert zu werden. Denn man darf nicht vergessen: Eine Familie lebt sozusagen in unkündbaren Verhältnissen, je umsichtiger die vier Bereiche, Familie, Unternehmen, Kapital und Individuum geplant werden, desto weniger emotionale Auseinandersetzungen gibt es.
Welches ist das Resultat einer Standortbestimmung mit dem Family Business Compass?
Die Karten decken auf, in welchen der vier Bereiche Handlungsbedarf besteht. Idealerweise erstellt die Familie im Anschluss einen 1, 2 oder 5‑Jahresplan, entweder alleine oder in Zusammenarbeit mit uns und unserem Netzwerk.
Weitere Beiträge von Carole Häusermann