Nachhaltig anlegen ist bei Rahn+Bodmer Co. nicht erst seit Greta Thunberg ein Thema. Rolf Oppliger, langjähriger Kundenberater, erläutert im Interview, welche Kriterien beim nachhaltigen Anlegen seit vielen Jahren gelten.
Rolf Oppliger, wie setzt sich mein Portfolio zusammen, wenn ich bei Rahn+Bodmer Co. ein Nachhaltigkeitsmandat habe?
Mit einem Nachhaltigkeitsmandat haben unsere Kundinnen und Kunden die Gewissheit, dass wir nicht nur finanzielle Aspekte bei der Auswahl der Anlagen, sondern auch sogenannte ESG-Kriterien berücksichtigen. Zu diesen gehört erstens die Ökologie (E). Wir unterscheiden dabei zwei Typen von Unternehmen: Einerseits Firmen, die mit ihren Produkten oder Dienstleistungen eine positive Wirkung bezüglich Umwelt haben, also zum Beispiel die Hersteller von Solarzellen oder Windturbinen. Dann gibt es aber auch Unternehmen, die Alltagsgegenstände produzieren und dies möglichst ressourcenschonend tun. Ein gutes Beispiel dafür ist der Schlösserhersteller dormakaba. Es geht also darum «die richtigen Dinge zu tun» sowie um Firmen, welche «die Dinge richtig tun».
Zu den ESG-Kriterien gehören zweitens die sozialen Aspekte (S), also zum Beispiel das Einhalten von Menschenrechten oder das Verbot von Kinderarbeit. Auf die Schweiz bezogen sind dies Themen wie Frauenförderung, der Umgang mit Mutter- oder Vaterschaftsurlaub oder die Verfügbarkeit von Kinderkrippen. Die dritte Kategorie ist das Einhalten einer nachhaltigen Corporate Governance (G). Dazu gehört unter anderem das kritische Hinterfragen von Doppelmandaten oder das Vorhandensein einer funktionierenden Aktionärsdemokratie.
Spielen wirtschaftliche Überlegungen auch eine Rolle?
Ja, ganz klar. Das Portfolio wird zwar nach ESG-Kriterien gewichtet, doch ein Unternehmen muss auch finanziell nachhaltig wirtschaften. Es genügt nicht, zum Beispiel Solarzellen zu produzieren, wenn die Gefahr besteht, dass eine chinesische Firma die gleichen Produkte viel günstiger herstellen kann. Dieser Aspekt, der wirtschaftliche, wird weiterhin seine Wichtigkeit haben. Die Kundschaft hat so die Gewähr, dass sie ein solides, finanziell gut aufgestelltes Portfolio hat, das gleichzeitig die drei ESG-Kriterien berücksichtigt.
Wie wählt Rahn+Bodmer Co. nachhaltige Unternehmen aus?
Es gibt drei Wege: Gewisse Daten werden von grossen Finanzdaten-Lieferanten wie Reuters oder Bloomberg zur Verfügung gestellt. Diese sammeln die Daten, die ihnen die Unternehmen liefern, zum Beispiel den CO2- Ausstoss, den Energieverbrauch oder auch die Anzahl Unfälle. Zweitens führen wir mit den Verantwortlichen lokaler Unternehmen Interviews und bringen so den für uns wichtigen Faktor Mensch ein. Und als dritte Quelle haben wir RepRisk. Dieses Unternehmen überprüft weltweit Medien. Fällt ein Unternehmen negativ auf, werden wir benachrichtigt. Kommt dies häufig vor, so fällt dieses Unternehmen aus unserer Selektion. Wenn es ein einmaliges Ereignis ist, so sprechen wir die verantwortlichen Personen darauf an und entscheiden, ob es für unsere Richtlinien relevant ist.
Bedeutet dies, dass Sie vorwiegend Schweizer Firmen berücksichtigen?
Es ist natürlich sehr viel schwieriger unseren Ansatz auch in Ländern wie zum Beispiel China konsequent umzusetzen, das führt tatsächlich zu einem gewissen Home-Bias. Aber wir sind natürlich offen, auch internationale Unternehmen für unser Nachhaltigkeitsmandat zu berücksichtigen, in der Schweiz wird ja nicht alles produziert oder angeboten. Ich denke dabei zum Beispiel an das norwegische Unternehmen Tomra Systems, das in der Abfallbewirtschaftung tätig ist, oder an das dänische Unternehmen Vestas für Windturbinen. Doch wenn es zwei Unternehmen gibt, die etwas gut machen und eines davon ist in der Schweiz, so ziehen wir dieses Unternehmen aufgrund der Verständigung und der Mentalität vor.
Gibt es aufgrund der intensiven Klimadebatten 2019 eine verstärkte Nachfrage nach nachhaltigen Anlagen?
Viele meiner bestehenden Kundinnen und Kunden legen ihr Vermögen bereits seit Jahrzehnten nachhaltig an. Sie wollten mit ihrem Geld schon immer etwas bewirken und der Gesellschaft etwas zurückgeben. Natürlich haben Greta Thunberg und die Wahlen im Herbst 2019 das Thema Nachhaltigkeit in der Schweiz verstärkt in den Vordergrund gerückt. Wir sehen vor allem bei Neuabschlüssen, dass der Wunsch nach nachhaltigen Anlagen vermehrt vorhanden ist.
Was unterscheidet Kundinnen und Kunden mit einem Nachhaltigkeitsmandat von anderen?
Das Interesse am Inhalt des Portfolios ist in der Regel höher. Sie wollen teilweise wissen, was in jedem einzelnen Titel steckt. Diese Menschen haben ein grosses Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit ihrem Geld und sie wollen wissen, was ihre Anlagen bewirken und welches unsere Nachhaltigkeitsüberlegungen sind. Deshalb zeigen wir ihnen zum Beispiel, wie viel kleiner der ökologische Fussabdruck ist, wenn sie nachhaltig investieren im Vergleich zu Anlagen in einem globalen Index. Diese Information ist für unsere Kundschaft sehr wertvoll.
Fordert Sie dieser intensive Austausch mit Ihren Kundinnen und Kunden?
Ja, das tut es, denn man muss wirklich wissen, wovon man spricht. Die Kundengespräche haben einen anderen Fokus, weil es nicht hauptsächlich um die Performance geht, sondern vor allem um die Inhalte der einzelnen Titel. Das finde ich hochspannend, denn es bereichert meine Arbeit als Kundenberater. Ich habe Agronomie an der ETH Zürich studiert und schon alleine deshalb ist mir das Thema Nachhaltigkeit privat auch nahe und ich setze mich intensiv damit auseinander.
Wie sieht die Rendite eines streng nach ESG-Kriterien geführten Portfolios aus?
Es ist meiner Meinung nach ein Mythos, dass ein Mandat nach ESG-Kriterien weniger Rendite erwirtschaftet. Oftmals schneiden diese Mandate sogar noch ein wenig besser, aber sicher nicht schlechter ab. Ein Grund dafür ist, dass wir bei streng nach ESG-Kriterien geführten Mandaten tendenziell kleinere Titel anstatt grosskapitalisierte Firmen berücksichtigen. Und diese Unternehmen haben in den letzten Jahren überdurchschnittlich zugelegt. Das ist vielleicht nicht unbedingt eine Folge der Nachhaltigkeit. Ich bin aber überzeugt, dass sich Nachhaltigkeit auch finanziell auszahlt. Wenn ein Unternehmen bereits heute zum Beispiel bestimmte Richtlinien einhält deren Nichteinhalten später einen finanziellen Nachteil bedeuten könnte, so wird sich das in Zukunft nicht nur ökologisch, sondern auch finanziell positiv auswirken.
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