Rahn+Bodmer Co. hat in ihrer langjährigen Geschichte schon viele schwierige Börsenphasen durchlebt und immer wieder dazugelernt. Im Interview erzählt Martin Bidermann, Partner, wie er persönlich die letzten Wochen erlebt hat und weshalb er positiv in die Zukunft schaut.
Was ging Ihnen durch den Kopf, als einige Kurse an der Schweizer Börse im letzten März um 20 % und mehr fielen?
Die letzte grosse Krise an den Finanzmärkten war die Krise 2008, ausgelöst durch den Kollaps von Lehman Brothers. Bilder von tiefroten Kursen, entlassenen Bankangestellten auf den Strassen Manhattans und von Warteschlangen vor Bankomaten tauchten vor meinem inneren Auge auf. Damals wie auch im März 2020 gab es einen «Rush» nach Liquidität. Während der Finanzkrise wurde rund um die Welt alles verkauft, inklusive Qualitätstitel wie Nestlé und sogar Gold. Auch diesen März führten viele Banken forcierte Liquidationen von belehnten Wertschriftendepots durch und beschleunigten damit die Abwärtsspirale.
Hatten Sie in diesen Tagen viele Telefongespräche mit Kundinnen und Kunden, die von Ihnen wissen wollten, ob sie ihre Aktien gesamthaft verkaufen sollen?
In meinem Team gab es zwei Kundinnen, die von sich aus ihren Aktienanteil massiv reduzierten.95 % der Kundinnen und Kunden blieben jedoch gelassen. Sie wussten, dass in ihrem Portfolio nur unbelehnte Qualitätstitel sind und dass sie in absehbarer Zeit keinen grösseren Cashbedarf haben werden. Dazu kommt, dass Qualitätsfirmen aus den Bereichen Nahrungsmittel und Gesundheit auch in Coronazeiten gute Umsätze erwirtschaften und sehr profitabel bleiben. Ich darf viele meiner Kundinnen und Kunden schon seit 30 Jahren beraten. Entsprechend haben wir zusammen schon etliche Korrekturen erlebt. Jedes Mal haben sich die Bewertungen der Gesellschaften wieder erholt und wohl auch deswegen war keinerlei Panik bei unserer Kundschaft zu verspüren.
Die Partner von Rahn+Bodmer Co. haften mit ihrem privaten Vermögen für die Verbindlichkeiten der Bank. Was bedeutet dies?
Rahn+Bodmer Co. verfügt über einen sehr hohen Bestand an Eigenmitteln und Reserven und unsere Bilanz ist überaus liquid. Wir könnten an einem x‑beliebigen Tag alle Kontokorrent-Guthaben unserer Kundinnen und Kunden auszahlen.Weil wir mit unserem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Bank haften, sind wir nicht gewillt, unüberschaubare Risiken für etwas zusätzlichen Gewinn einzugehen. Wir denken langfristig und handeln risikoavers.
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung an den Börsen?
Wir investieren nicht in eine Börsenentwicklung, sondern in Gesellschaften mit verständlichen Geschäfsmodellen und gesunden Bilanzen. Ich erachte die Zukunft dieser Gesellschaften auch innerhalb einer unsicheren COVID-Zeit als berechenbar gut. Obschon die Bewertungen vieler qualitativ guter Unternehmen hoch sind, geht meiner Meinung nach keine wirkliche Gefahr von diesen aus, denn ihr «Free Cash Flow» ist ebenso sehr hoch. Das wird mit ein Grund sein, dass sich die Börsenkurse eben dieser Gesellschaften weiterhin gut entwickeln werden. Gleichzeitig müssen wir uns bewusst sein, dass es immer wieder zu Rückschlägen kommen kann.
Unter welchen Umständen hätte auch Martin Bidermann schlaflose Nächte?
Da braucht es schon einiges. Schlaflose Nächte würde mir wohl am ehesten eine Art von digitaler Kriegsführung bereiten. Das heisst, wenn Hacker die Systeme unserer Bank oder auch diejenigen der Schweiz angreifen würden und damit unsere Arbeit verunmöglichen. Dies ist eine schwer berechenbare Gefahr und wohl auch deshalb beunruhigend, weil es ein Gebiet ist, indem ich mich nicht auskenne.
Wo werden Sie und Ihre Familie die Sommerferien verbringen?
Wir bleiben dieses Jahr wie viele andere auch in der Schweiz. Es gibt noch etliche Wanderrouten in den Schweizer Bergen, die wir nicht kennen und wir freuen uns darauf, neue Wege zu entdecken.
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