Heinz Rüttimann
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US-Wahlen: Die Konse­quenzen eines stärkeren US-Dollars

Der ameri­ka­nische Finanz­mi­nister John Connally sagte 1971 «der US-Dollar ist unsere Währung, aber Euer Problem». Wenn auch weniger von Bedeutung als vor 50 Jahren, so ist diese Aussage immer noch wahr und die Kursent­wicklung des US-Dollars hat weitrei­chende Konse­quenzen für den Rest der Welt.

In den Medien und diversen Analysen wird heftig über das kommende Wirtschafts­pro­gramm von Donald Trump speku­liert. Wie es schluss­endlich aussehen soll, weiss wohl nur er selber. Was man aber mit Bestimmtheit sagen kann ist, dass es kein Sparpro­gramm wird. Sprich, das kommende Wirtschafts­pro­gramm spricht eher für einen Infla­ti­ons­impuls, höhere Zinsen und damit einen stärkeren US-Dollar. Der einzige wirkliche Gegen­spieler Donald Trumps ist der Präsident der US-Notenbank Jerome Powell.

Die Auswir­kungen eines stärkeren US-Dollars auf andere Volks­wirt­schaften sind vielseitig. Die wichtigsten Kanäle sind via Handels­vo­lumen, Kredit­ver­füg­barkeit, Kapital­flüsse, Geldpo­litik und die Entwicklung der Aktien- und Obliga­tio­nen­märkte. In diesem Beitrag wollen wir näher auf einzelne Gründe eingehen.

  • Sicherheit: Ein stärkerer US-Dollar deutet oftmals auf eine schwä­chere globale Wirtschaft hin. Der direkte Zusam­menhang besteht darin, dass sich das Umfeld für Aktien­an­lagen (v.a. Schwel­len­länder), Anlagen in Hochz­ins­an­leihen ausserhalb der USA und anderen risiko­rei­cheren Anlage­klassen verschlechtert und Inves­to­rinnen und Inves­toren ihre Risiken reduzieren und Sicherheit in liquiden US-Staats­an­leihen und Geldmarkt­pa­pieren in US-Dollar suchen. Sprich, die Nachfrage nach mehr Sicherheit führt zu einer höheren Nachfrage nach US-Dollar und damit zu einem stärkeren US-Dollar.
  • Handel: Mehr als 40 % des Welthandels wird in US-Dollar abgewi­ckelt (Energie, Metalle, Nahrungs­mittel). Ein stärkerer US-Dollar reduziert dabei die Gesamt­nach­frage nach Waren aus dem Ausland. Beispiel: In Indien beträgt der Anteil von Lebens­mitteln und Energie rund 52 % des Infla­ti­ons­korbes. Ein stärkerer US-Dollar verteuert damit die Importe von Reis, Weizen, Öl und Gas. Eine Studie der Bank für Inter­na­tio­nalen Zahlungs­aus­gleich von 2018 zeigt auf, dass ein Anstieg des handels­ge­wich­teten US-Dollar um 1 % den Handel zwischen Ländern im Rest der Welt um rund 0.6 % verringert. Das Argument, dass der US-Dollar seine Macht als globale Handels­währung einbüssen wird, mag langfristig stimmen. Kurz- und mittel­fristig bleibt er aber das Haupt­zah­lungs­mittel der Welt.
  • Produktion Schwellenländer/Industrieländer: Eine 2023 veröf­fent­lichte IMF Studie besagt, dass ein Anstieg des US-Dollar Index um 10 % die Produktion in Schwel­len­ländern nach einem Jahr um rund 1.9 % verringert. Entwi­ckelte Länder sind weniger davon betroffen und es wird lediglich ein Produk­ti­ons­rückgang von 0.6 % berechnet. Der Index ist seit Oktober 2024 von 101 auf 105 gestiegen. Sprich, steigt der USD Index auf 110 und bleibt er für einige Zeit auf diesem Niveau, dürften diese Einflüsse langsam zu wirken beginnen. Sollte der US-Dollar über längere Zeit stärker werden, dürfte die Export­tä­tigkeit Asiens negativ beein­trächtigt werden und zu einem erhöhten Druck auf die asiati­schen Aktien­märkte führen.
  • Kapital­flüsse: Ebenso wichtig wie der Effekt auf den Handel ist der Effekt bei den Kapital­strömen. Dazu gehören die Aktien- und Obliga­tio­nen­märkte (siehe Abschnitt «Sicherheit»). Viele Schwel­len­länder und Unter­nehmen in Schwel­len­ländern können sich in der Regel nicht in Lokal­währung finan­zieren und müssen sich deshalb auf dem inter­na­tio­nalen Markt in US-Dollar finan­zieren. Steigen die US-Dollar Zinsen und fehlen oder reduzieren sich die Einnahmen in USD, so erhöht dies automa­tisch die Zinskosten und die Schul­denlast. Ganz allgemein gesagt führen höhere US-Zinsen in Kombi­nation mit einem stärkeren US-Dollar zu Kapital­ab­flüssen in Schwel­len­ländern. Um dies zu verhindern, sind Schwel­len­länder gezwungen, ihrer­seits die lokalen Zinsen zu erhöhen. Die verschärfte Geldpo­litik wiederum führt zu einer gerin­geren Inves­ti­ti­ons­tä­tigkeit. Der Einfluss auf entwi­ckelte Länder ist ebenfalls gegeben, aber weniger gross.

Konklusion

  • Es besteht ein deutliches Risiko, dass das kommende Wirtschafts­pro­gramm der Trump-Adminis­tration einen Infla­ti­ons­impuls auslösen wird. Man wird diesbe­züglich wohl relativ schnell Gewissheit haben. Der Grund ist, dass Donald Trump am 20. Januar 2025 vereidigt wird und die Medien nach den ersten 100 Tagen im Amt bereits das erste Mal Bilanz ziehen werden. Er wird deshalb gleich loslegen, wenn nicht schon vorher.
  • Zusätz­liche Wirtschafts­im­pulse (Steuer­sen­kungen, Deregu­lierung) bei derzei­tiger Vollbe­schäf­tigung, kombi­niert mit Protek­tio­nismus (Zölle, Onshoring) werden wohl einen Infla­ti­ons­impuls auslösen, die US-Renditen nach oben treiben und zu einem stärkeren US-Dollar führen. Eine «Trump Trifecta» dürfte diese Entwicklung zusätzlich begünstigen.
  • Der einzige und mächtigere Gegen­spieler von Trump ist Jerome Powell. Ihn zu entlassen liegt aber nicht im Macht­be­reich von Trump. Powells Mandat zur «Preis­sta­bi­lität und Vollbe­schäf­tigung» wird die Geldpo­litik und den Leitzins bestimmen und je nachdem Trumps Wirtschafts­im­pulse hemmen. Sprich, ein Inter­es­sen­kon­flikt ist unausweichlich.
  • Die Vorboten von späteren negativen Folgen sind, wenn der USD-Index über 110 steigt und da für längere Zeit verharrt, und wenn die Renditen für 10-jährige US-Staats­an­leihen über 4.8 % steigen. Es wäre wohl eine Frage der Zeit, bis die Diskussion über höhere Leitzinsen wieder an Fahrt gewinnen würde.
  • Aktien­märkte: Die markt­ba­sierten Infla­ti­ons­er­war­tungen sind noch nicht alarmierend und vorderhand dürften «Animal Spirits» die US-Börsen aber auch andere Börsen weiter antreiben. Die US-Dollar-Stärke wird wohl weiter anhalten und bietet eine attraktive Anlage. Wie lange der positive Schwung anhalten wird, ist ungewiss. Was man in dieser ersten Phase der «Trump-Hoffnung / Euphorie» nicht darf, ist abseits stehen.

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