Die vieldiskutierte Volksinitiative «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert (Initiative für eine Zukunft)» der JUSO sieht die Einführung einer Bundeserbschafts- und Schenkungssteuer vor. Die Steuer beträgt 50 Prozent und wird ab einem einmaligen Freibetrag von CHF 50 Millionen erhoben. Der Rohertrag aus der Steuer soll zu zwei Dritteln an den Bund und zu einem Drittel an die Kantone gehen. Die Steuereinnahmen sind zweckgebunden und müssen für die «sozial gerechte Bekämpfung der Klimakrise» und den «dafür notwendigen Umbau der Gesamtwirtschaft» verwendet werden. Im Falle der Annahme sieht die Initiative eine rückwirkende Anwendung der Bestimmungen auf den Zeitpunkt der Abstimmung vor.
Bundesrat lehnt Initiative ab
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 13. Dezember 2024 die Botschaft zur Initiative verabschiedet und lehnt diese ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag ab. Schätzungen zeigen, dass die Initiative beim Bund und insbesondere bei den Kantonen und Gemeinden zu Mindereinnahmen aufgrund von Abwanderungseffekten führen könnte. Ausserdem setze sie falsche Anreize im Klimaschutz und würde die Attraktivität der Schweiz als Wohnsitzstaat für vermögende Personen klar senken.
Gültigkeit der Initiative und mögliche Wegzugsbesteuerung
Der Bundesrat hat die Initiative detailliert geprüft und erachtet sie, gestützt auf die Bundesverfassung sowie aufgrund einer jahrzehntelangen Praxis von Bundesrat und Parlament, für gültig. Die schädliche Vorwirkung, die die Initiative aufgrund der Rückwirkung verursache, sei jedoch staatspolitisch bedenklich. Konkret gilt die Rückwirkung für die nach einer allfälligen Annahme der Volksinitiative tatsächlich ausgerichteten Erbschaften und Schenkungen. Die in der Übergangsbestimmung ebenfalls vorgesehenen rückwirkend anzuwendenden Ausführungsbestimmungen zur Bekämpfung der Steuervermeidung – insbesondere im Hinblick auf den Wegzug aus der Schweiz – könnten hingegen erst ab deren Erlass (und damit nicht rückwirkend) angewendet werden. Es sei ohnehin unklar, welche Massnahmen zur Verhinderung von Steuervermeidung überhaupt in Frage kommen und international auch durchgesetzt werden können. Eine Wegzugsbesteuerung schliesst der Bundesrat aus, da ein Wegzug nicht per se nur zur Steuervermeidung erfolge.
Somit bleibt es nach heutigem Erkenntnisstand aufgrund der Ausführungen in der Botschaft möglich, einen Wegzug aus der Schweiz erst nach Annahme der Initiative zu erwägen, womit potenziell Betroffene das Abstimmungsergebnis abwarten können. Dies wäre jedoch höchstens bis zum Inkrafttreten der Übergangs- bzw. Ausführungsbestimmungen ohne Steuerfolgen möglich.
Was können potenziell Betroffenen tun?
Auch wenn einzelne Bestimmungen der Initiative rückwirkend zur Anwendung kommen, sind sie frühestens ab dem Abstimmungsdatum gültig. Somit bleiben Planungsmassnahmen bis zum allfälligen Inkrafttreten möglich. Denkbare Massnahmen sind:
- Erbvorbezug und Übertragung von Vermögen auf die nächste Generation (mit oder ohne Nutzniessung)
- güterrechtliche Dispositionen (Ehevertrag)
- Vornahme von Schenkungen und Vergabungen
- Die Übertragung von Vermögenswerten auf selbständige Strukturen
Initiative könnte sogar zu Mindereinnahmen führen
Der Bundesrat lehnt die Initiative auch aus fiskalischen Gründen ab. In der Schweiz verfügen schätzungsweise rund 2’500 Personen über ein Vermögen von mehr als CHF 50 Millionen. Diese Vermögen belaufen sich zusammen auf rund CHF 500 Milliarden, was bei einer allfälligen Annahme der Initiative ein theoretisches Ertragspotenzial von über CHF 4 Milliarden ergibt. Allerdings kommt ein in Auftrag gegebenes Gutachten der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) zum Schluss, dass zwischen 77 und 93 Prozent dieses Steuersubstrates aufgrund von Abwanderung verloren gehen könnte. Eigene Schätzungen der ESTV, welche auf einer zusätzlichen Datenerhebung bei den Kantonen basieren, gehen gar von einer Bandbreite von 85 bis 98 Prozent aus.
Damit reduzieren sich die Erträge aus der vorgeschlagenen Erbschafts- und Schenkungssteuer auf geschätzte CHF 100 bis 650 Millionen.
Diesen deutlich geringeren Einnahmen stünden ausserdem auch noch bedeutende Ausfälle bei anderen Steuerarten gegenüber, weshalb unter dem Strich mit deutlichen Mindereinnahmen zu rechnen ist.
Wie sieht der weitere Fahrplan aus?
Die Initiative geht nach der Prüfung durch den Bundesrat in die Räte zur parlamentarischen Diskussion und Beschlussfassung. Danach erfolgt die Volksabstimmung. Stand heute geht man davon aus, dass das Parlament seine Abstimmungsempfehlung noch 2025 abgeben wird und die Volksabstimmung somit bereits 2026 stattfinden könnte.
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